Heiter. Bedeckt – Wahrnehmungen durch das Weitwinkelsubjektiv
Wie es sich für die Gattung gehört, kennzeichnet Ludwig Lahers persönlicher Zugang die Inhalte seiner literarischen Essays. Er räumt sich als Person sogar ungewöhnlich viel Platz ein und fördert zu diesem Zweck immer wieder biographische Splitter zutage. Genau genommen sollte man von einer starken Wechselwirkung zwischen den Blitzlichtern aus Lahers Leben und dem jeweils verhandelten Gegenstand sprechen. Nichts aber liegt dem Autor ferner als Introspektion um der Introspektion willen, weswegen er seinem inneren Auge ganz automatisch ein Weitwinkelsubjektiv vorsetzt. Das kostet nicht viel, meint Laher, nur Wachheit und Erkenntnisinteresse, das den Tellerrand übersteigt.
Ein einschneidender Kinobesuch in New Yorks Greenwich Village inklusive Begleitmusik, ein der Polizei zu verdankendes Begräbnisvergnügen im Westen Wiens, ein Kindersturz vom Pferd, Lahers durch ein defektes Auge seit Geburt eingeschränkter Gesichtskreis oder sein Ankauf eines Selbstporträts der von den Nazis ermordeten österreichischen Malerin Ella lranyi sind nur einige der Ausgangspunkte für grundsätzliche Betrachtungen und mehr oder weniger auf der Hand liegende Verknüpfungen mit aktuellen gesellschaftlichen Themenstellungen. Von manch Gewohntem – Meinungen, Haltungen! Einordnungen von Gewesenem – heißt es danach für den Autor Abschied nehmen.